Das Steuerrecht spielt bei der Konzeption einer Unternehmenssanierung eine wesentliche Rolle. Dabei geht es weniger um die Frage der Handhabung offener Steueransprüche, da diese wie die anderen Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus der Masse entsprechend der Quote befriedigt werden. Sondern es geht vorrangig um Fragen, welche ertragsteuerlichen Auswirkungen die jeweiligen Sanierungsmaßnahmen haben. Dabei wurden Sanierungsmaßnahmen vom Steuergesetzgeber zunehmend erschwert. So wurde die Vorschrift des § 3 Ziffer 66 EStG a.F. mit Wirkung ab dem 01.01.1998 ersatzlos gestrichen, wonach Sanierungsgewinne steuerfrei waren. Auch die Verwendung eines steuerlichen Verlustvortrags wurde gemäß § 10d EStG erheblich erschwert, so dass ein Unternehmen nach der Sanierung viel schneller als früher in die Phase der Steuerpflicht eintritt. Dies hat Auswirkungen auf die Investitionsrechnung, also auf die Rechnung, mit der der Investor berechnet, bis zu welchem Betrag in die Unternehmenssanierung investiert. Der Betrag ermittelt sich auf der Grundlage der künftigen Erträge. Sind diese durch künftige Steuerbelastungen geschmälert, so ist die Obergrenze des in die Unternehmenssanierung zu investierenden Betrags geringer und so sind die notwendigen Forderungsverzichte der Gläubiger höher. Die erhöhten künftigen Steuerzahlungen gehen also direkt zu Lasten der Gläubiger. Auch die Grenze, an der sich entscheidet, ob eine Zerschlagung oder eine Sanierung des Unternehmens rechnerisch besser ist, verändert sich damit durch diese künftigen Steuerbelastungen, so dass die Entscheidung dann schneller in Richtung Zerschlagung geht.
Diese Problematik, dass Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt infolge der Sanierung des Unternehmens entstehen, würde die Sanierung in der Regel unmöglich machen. Denn die Sanierung lässt sich mit den Beteiligten meist nur so weit verhandeln, dass die vorhandene Liquidität gerade ausreicht, um das Unternehmen am Leben zu erhalten. Neue Liquidität wird dann nur zusammen mit sehr engen Vorgaben zur Verwendung gegeben, etwa für Betriebsmittelkredite. Die finanzierenden Neugläubiger oder Gesellschafter, die neue Liquidität als Eigenkapital zur Verfügung stellen, werden in der Regel nicht damit einverstanden sein, dass damit Zahlungen für Ertragsteuern finanziert werden. Sie werden dann eher von der Zurverfügungstellung neuer Liquidität absehen mit der Folge, dass das Unternehmen liquidiert und nicht saniert wird. Damit jedoch eine Sanierung nicht durch solche Steuerforderungen gefährdet oder unmöglich gemacht werden, haben sich die Finanzbehörden auf Weisung des Bundesfinanzministers darauf geeinigt, dass hiernach anfallende Steuerforderungen gemäß § 163 AO aus Billigkeitsgründen abweichend festgesetzt werden. Vorerst werden sie gemäß § 222 AO gestundet und später gemäß § 227 AO erlassen (Schreiben des Bundesfinanzministerium vom 27.03.2003, BStBl I 2003, 240). Voraussetzung hierfür ist
- die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens,
- die Sanierungseignung der Maßnahmen und
- die Sanierungsabsicht der Gläubiger.
Zu beachten ist bei dieser Regelung aber, dass durch die Sanierung zwar keine Steuerforderungen verursacht werden, die die Sanierung gefährden könnte, dass jedoch der steuerliche Verlustvortrag hierdurch verbraucht ist und künftige Erträge zu versteuern sind. Für den Sanierungsplan und insbesondere den Liquiditätsplan bedeutet dies, dass für die künftigen Erträge entsprechende Steuerzahlungen eingeplant werden müssen.