Mit der neuen Vorschrift des § 270b InsO sollen gleich zwei zentrale Ziele erreicht werden. Zum einen soll ein Anreiz geschaffen werden, einen Insolvenzantrag frühzeitig bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit zu stellen. Denn zuvor wurde von der mit der Insolvenzrechtsreform 1999 eröffneten Möglichkeit der frühzeitigen Insolvenzantragstellung kaum Gebrauch gemacht, insbesondere weil ein Insolvenzantrag eher den Untergang des Unternehmens einleitete, nachdem das Schuldnerunternehmen mit dem Insolvenzantrag in der Regel alle wesentlichen Einflussmöglichkeiten an einen Insolvenzverwalter aus der Hand geben musste, der nur ausnahmsweise die Sanierung im Insolvenzverfahren ernsthaft und engagiert zu betreiben bereit war. Und zum anderen scheiterte eine Sanierung im Insolvenzplanverfahren in der Regel schon deswegen, weil ein Insolvenzplan erst erarbeitet werden musste, wozu die hierfür notwendige Zeit aber nicht zur Verfügung stand, da der bestellte Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb in der Regel allenfalls nur kurzfristig weiterzuführen bereit war. Deshalb soll mit dem Schutzschirm demjenigen Schuldnerunternehmen, das noch nicht zahlungsunfähig ist, die Erstellung eines Sanierungsplans in der Eigenverwaltung zu ermöglicht werden, wenn dieses bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag stellt. Weitere Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist, dass die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
Möglicher Zeitraum für eine Antragstellung
Will ein Unternehmen unter diesen Schutzschirm schlüpfen, so ist dies nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums möglich. Der Antrag kann bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschulding gestellt werden (§ 270b Abs. 1 InsO). Daraus folgt, dass er nicht mehr gestellt werden kann, wenn bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Damit dem Insolvenzgericht diese Voraussetzungen nachgewiesen werden können, hat der Schuldner mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (§ 270b Abs. 1 Satz 3 InsO).
Vorläufiger Sachwalter
Liegen die Voraussetzungen für das Schutzschirmverfahren vor, so bestellt das Gericht einen vorläufigen Sachwalter (§ 270b Abs. 2 Satz 1 InsO), der personenverschieden von dem Aussteller der für den Antrag notwendigen Bescheinigung sein muss. Das Gericht kann von dem Vorschlag des Schuldners nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist (§ 270b Abs. 2 Satz 2 InsO). Das Gericht kann Sicherungsmaßnahmen anordnen, insbesondere um eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Das Gericht hat Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu untersagen oder einstweilen einzustellen (soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind), wenn der Schuldner dies beantragt (§ 270b Abs. 2 letzter Satz InsO). Der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter haben dem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen (§ 270b Abs. 4 Satz 2 InsO).
Verfahrensfortgang
Das Gericht hebt die Anordnung des Schutzschirmverfahrens gemäß § 270b Abs. 4 InsO vor Ablauf der Frist auf, wenn
- die angestrebte Sanierung aussichtslos geworden ist;
- der vorläufige Gläubigerausschuss die Aufhebung beantragt oder,
- wenn kein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt ist, ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder ein Insolvenzgläubiger die Aufhebung beantragt und Umstände bekannt werden, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird.
Nach Aufhebung der Anordnung oder nach Ablauf der Frist entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 270b Abs. 4 letzter Satz InsO).