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Eine besondere rechtliche Bedeutung hat das Sanierungskonzept für Gläubiger im Hinblick auf die Vorschrift des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO sind Rechtshandlung u.a. anfechtbar, die das insolvente Unternehmen in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. In Satz 2 wird geregelt, dass diese Kenntnis vermutet wird, wenn der Gläubiger wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
Diese Vorschrift wird von den Insolvenzverwaltern gerne hergenommen, um ausreichende Mittel für die Finanzierung der Kosten der Insolvenzverwaltung zu beschaffen, und auch, um die Quote zu erhöhen. Für den Gläubiger ist die rechtliche Ausgangssituation fatal, weil eben § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ausdrücklich regelt, dass seine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn der Gläubiger wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Gläubiger hat vor diesem Hintergrund in der Regel die schlechteren Karten, sich erfolgreich dagegen verteidigen zu können. Hinzu kommt zu dieser erheblichen Risikoverteilung zu Lasten der Gläubiger, dass es, wenn er nicht zurückzahlt regelmäßig zu Rechtsstreitigkeiten vor Gericht kommt, die dann meist über die Instanzen geführt werden. Während die erheblichen Kosten des Rechtsstreits zu Lasten der Insolvenzmasse gehen, wenn der Insolvenzverwalter den Rechtstreit verliert, muss der ohnehin bereits erheblich geschädigte Gläubiger dann noch sämtliche Kosten tragen, wenn er verliert. Der Gläubiger wird sich vor diesem Hintergrund der einseitigen Risikoverteilung ernsthaft überlegen müssen, ob er auch dann, wenn er gute Argumente zu seiner Verteidigung hat, einen solchen Rechtsstreit riskieren soll.
In der Regel liegt einer Anfechtung folgender Ausgangsfall zugrunde:
Beispiel:
Die A-GmbH betrieb ein Unternehmen zum Vertrieb von Baumaschinen. Die B-GmbH war Herstellerin und belieferte schon seit vielen Jahren die A-GmbH mit ihren Baumaschinen. Die A-GmbH kam in die Krise und die Verbindlichkeiten gegenüber der B-GmbH wurden immer größer. Die B-GmbH wollte die Geschäftsverbindung mit der A-GmbH nicht verlieren, aber auch nicht auf ihren Forderungen "sitzen bleiben". Es kam zu einem Gespräch der Geschäftspartner. Die A-GmbH legte dar, dass es einen internen Sanierungsplan gebe, in dem die Ursachen der Krise erforscht und die Art und Weise der Beseitigung der Krisenursachen beschrieben sind und fasst dies sodann in einer Email zusammen.
Die B-GmbH vereinbarte nun mit der A-GmbH, dass neue Belieferungen nur noch gegen Vorauskasse erfolgen und dies auch nur, wenn die A-GmbH die Altschulden in Form moderater Raten bezahlt. Ferner wurde abgestimmt, dass die B-GmbH sich einen Vollstreckungstitel durch die Beantragung eines Mahn- und Vollstreckungsbescheids holt, mit dem sie aber nur vollstrecken wird, wenn die A-GmbH die vereinbarten Raten nicht leistet. So wurde dies umgesetzt. Die B-GmbH war nun im Besitz eines Vollstreckungsbescheids und die A-GmbH zahlte die vereinbarten Raten.
Nach einigen Monaten wurden die Raten immer verzögerter bezahlt und mittlerweile waren die Raten von drei Monaten rückständig. Die B-GmbH beauftragte den Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung der rückständigen Raten. Dieser konnte diese Raten beitreiben und die A-GmbH zahlte für einige Monate die neu fällig gewordenen Raten weiter. Dann kam es wieder zum Ausfall der Ratenzahlungen. Die A-GmbH führte mit der B-GmbH ein Gespräch, teilte mit, dass es jetzt alsbald wieder besser werde und sie die Geschäftsverbindung mit der B-GmbH nicht verlieren wolle und bot an, weitere Zahlungen zu leisten, allerdings in unregelmäßiger und reduzierter Weise. Die A-GmbH zahlte, die B-GmbH hielt still.
Dann kam es zum Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH und der Insolvenzverwalter forderte von der B-GmbH die Zahlung aller Zahlungen, die die A-GmbH seit der Zustellung des Vollstreckungsbescheids an die A-GmbH gezahlt hat.
Dieser Fall liegt exakt auf der Grenzlinie, bei der der Insolvenzverwalter seine Ansprüche aufgrund seiner Anfechtung nach § 133 InsO begründen kann. Denn es erging ein Vollstreckungsbescheid, aus dem vollstreckt wurde und es kam letztendlich zum Insolvenzverfahren. Aber auch die B-GmbH kann darlegen, dass in diesem Falle die Vermutung seiner Kenntnis nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht besteht, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, denn die A-GmbH konnte über Monate hinweg Zahlungen leisten.
Im Falle eines Rechtsstreits müsste der Inhalt der Gespräche zwischen der A-GmbH und der B-GmbH näher dargelegt werden, wobei das Risiko hier bei der B-GmbH liegt, nachdem diese die Darlegungs- und Beweislast trägt. Der B-GmbH wäre hier zu raten, einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter zu suchen.
Dieses Risiko der Gläubiger, die während einer ernsten Krise eines Unternehmens Zahlungen auf ihre Forderungen erreichen konnten, zeigt das nachfolgende Beispiel, über das der BGH zu entscheiden hatte.