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Das Ziel vieler kleiner und mittlerer Unternehmen ist oftmals nicht in erster Linie die Maximierung finanzieller und wirtschaftlicher Ergebnisse. Meist handelt es sich um Familienbetriebe, in denen oftmals Tradition und Zusammenhalt eine wesentliche und vorrangige Rolle spielen. In der Krise des Unternehmens sind solche Aspekte dann sehr häufig finanziellen und wirtschaftlichen Aspekten vorangestellt. Renditegesichtspunkte, ob die Sanierung eines Unternehmens durchgeführt oder das Unternehmen besser liquidiert werden soll, spielen keine zentrale Rolle. So wird z.B. ein ländlicher Familienbetrieb, der über Generationen geführt und weitergegeben wurde, auch dann saniert, wenn er über viele Jahre hinweg keine Rendite verspricht und aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine positive Fortsetzungsprognose aufweist. Wichtig ist dabei in erster Linie, den Betrieb im Sinne der Familientradition zu erhalten.
Das Sanierungskonzept kann in einem solchen Falle weder vorsehen, dass sich ein Fremder an dem Unternehmen z.B. als Gesellschafter, beteiligt, noch kommt der Verkauf des Unternehmens in Betracht. Wenn eine Stärkung der Kapitalbasis zum Zwecke der Sanierung notwendig sein sollte, müsste die Familientradition erforscht und danach gefragt werden, wer aus der Familie die notwendigen finanziellen Mittel hat, um das Unternehmen finanziell zu stärken. Oftmals werden solch geeignete Personen unter moralischen Druck gesetzt, im Sinne der Familientradition dem Unternehmen aus der Krise zu helfen.
Die Großgaststätte "Zum goldenen Adler" ist ein Familienbetrieb der Familie Thaler, der in den alten Gemeindeschriften bereits vor dreihundert Jahren erwähnt ist, nachdem damals der Betrieb von der Familie Thaler errichtet und eingeweiht wurde. Infolge eines Brandes kam das Unternehmen in eine ernste Krise, weil das Schadenereignis nur unzureichend versichert war. Es drohte die Zwangsversteigerung der Immobilie und die Brauerei hatte schon Interessenten für die Übernahme der Gaststätte.
Die drohende Versteigerung der Gaststätte war Tagesgespräch im Ort. Der Betrieb sollte unbedingt als Traditionsbetrieb erhalten werden und im Besitz der Familie Thaler verbleiben. Das Sanierungskonzept sah vor, dass die Großgaststätte von nun an in der Rechtsform der GmbH & Co. KG weitergeführt wird und sich an der Gesellschaft als Kommanditisten all diejenigen beteiligen können, deren Stammbaum zur Familie Thaler zurückgeht, die vor dreihundert Jahren den Goldenen Adler errichtet und erstmals betrieben hat. Um herauszufinden, welche Personen hierfür in Betracht kommen, wurde eine Ahnenrecherche vorgenommen. Es wurden mehr als 1000 Personen festgestellt, die diese Voraussetzungen erfüllten. Mit diesen Personen wurde Kontakt aufgenommen. Fünfzig Personen waren bereit, sich an der GmbH & Co. KG zu beteiligen und hatten Motivation und Freude daran, an "ihrem" Ahnenbetrieb beteiligt zu sein. Durch den entsprechenden Kapitalzufluss konnten alle rückständigen Zahlungen geleistet und sämtliche Kredite zurückgezahlt werden.
Die Beteiligten an Familienunternehmen oder langjährige Partner eines Unternehmens haben sich meist erst über die lange Zeit der Zusammenarbeit eng verbündet. Oftmals stand die enge Verbindung auf der Kippe und je mehr Krisen erfolgt waren und überwunden wurden, desto gestärkter war die Verbindung in der Folgezeit. Banken und Sparkassen, die das Unternehmen in der Regel lediglich als reines Zahlenwerk sehen, achten auf diese psychologischen Grundlagen nicht. Wenn sie dem Unternehmen, wie oft üblich, im Rahmen der Sanierung die Aufnahme eines unternehmerischen Partners verordnen, der nicht nur wesentliche Mitspracherechte oder gar die Mehrheit am Unternehmen erhalten, sondern der auch die finanzielle Grundlage für die Finanzierung schaffen soll, ist dieses Sanierungsmodell meist von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Denn die Familie oder die Partnerschaft wird nicht bereit sein, einen Dritten aufzunehmen, weil sie befürchtet, dass damit das langjährig gewachsene persönliche Verhältnis zerbrechen wird und sie ihren Einfluss auf das Unternehmen verlieren werden. Sie befürchten, dass dann alles nur noch schlechter wird.
Ein Sanierungskonzept muss daher bei einer solchen Ausgangslage beachten, dass die bisherige Führung im Unternehmen entweder den Einfluss weiterhin behält, oder es muss ein Modell finden, wie sich die Interessenslage der bisherigen Unternehmensführung mit einer Erweiterung des Gesellschafterkreises vereinbaren lässt.