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Erfolgreiche Unternehmerfamilie, die sich selbst zerstörte

Ende der 90er Jahre erhielt ich einen Auftrag einer 80-jährigen Frau, die mit ihrem Lieblingssohn in sehr starken Konflikt geriet, so dass sie fremde Hilfe gegen ihren Sohn in Anspruch nehmen musste. Die Frau baute zusammen mit ihrem bereits vor zwanzig Jahren verstorbenen Ehemann einen erfolgreichen Handwerksbetrieb auf. Der gemeinsame Sohn übernahm mit dem Tode des Vaters den elterlichen Betrieb. Seine Mutter, meine Auftraggeberin, finanzierte den Betrieb in Millionenhöhe mit ihrem Vermögen, um den Familienbetrieb zu erhalten und um die Fortführung des Lebenswerkes ihres verstorbenen Mannes zu erreichen. Der Sohn führte den Betrieb erfolgreich weiter und kümmerte sich um alles. Soweit er Unterschriften seiner Mutter benötigte, legte er ihr die Dokumente zur Unterschrift vor, die diese ungesehen ob ihres grenzenlosen Vertrauens unterzeichnete.

Als meine Mandantin dann immer betagter wurde, wollte sie ihr Vermögen auf ihre Kinder und Enkelkinder gleichmäßig und gerecht verteilen. Dabei musste sie feststellen, dass es ihr Sohn vermochte, das gesamte Vermögen an sich zu ziehen, so dass meine Mandantin weder an ihre Tochter noch an ihr töchterlicherseits bestehendes Enkelkind ein Vermögen zu verteilen hatte. Die Mutter verlangte von ihrem Sohn den unrechtmäßig erlangte Teil ihres Vermögens heraus, enterbte ihn uns setzte ihre Tochter als Alleinerbin ein. Ihr Sohn weigerte sich mit allen unternehmerischen Raffinessen. Zur "Rettung" des an sich gezogenen Vermögens brach er mit seiner Mutter und seiner Schwester. Der Mutter blieb nichts anderen übrig, als ihren ehemals geliebten Sohn vor Gericht auf Rückgabe des unrechtmäßig erworbenen Vermögens zu verklagen. Wirtschaftlich gesehen war dies erfolgreich. Die Mutter erlangte ihr Vermögen zurück und konnte es ihrer Tochter und Enkeltochter vermachen. Persönlich war die Sache aber ein Drama. Die Mutter ging an dieser Sache persönlich zugrunde und starb alsbald.

Im gleichen Stil ging dann die Sache zwischen der Tochter meiner Mandantin als Erbin und ihrem Bruder als Pflichtteilsberechtigten fort. Der Streit wurde auf einer persönlich unbeschreibbar niedrigen Ebene ausgetragen. Von den Familienbanden, um die die Eltern der beiden stets bedacht waren, war nichts mehr zu spüren. Bruder und Schwester standen als Kriegsparteien gegenüber. Es ging nur noch um die letzten Marks und Euros, die jeder glaubte, von dem anderen fordern zu können. Eine menschliche Ebene war auf keiner Seite mehr zu spüren.

Der Fall zeigte mir eindrucksvoll, wie zerstörerisch Geld ist und wie arm die Menschen sind, wenn sie außer Geld nichts anderes haben.

Günter Seefelder