Stilles Wissen

Ein hohes Potenzial an Wissen ist im Unternehmen in den Mitarbeitern als dem so genannten stillen Wissen vorhanden. Unter stillem Wissen versteht man ein Wissen, das vorhanden, aber nicht preisgegeben wird. Das Wissen ist nicht deshalb still, weil die Mitarbeiter bewusst ihr Wissen zurückhalten, sondern weil das System und die Struktur der Unternehmensführung keinen Anlass oder Impuls geben, dass die Mitarbeiter ihr Wissen mitteilen. Still ist das Wissen also, weil es zwar vorhanden ist, es aber still im Untergrund schlummert. Die Schöpfung und Nutzung von stillem Wissen ist daher eine Frage der Unternehmenskultur, in welcher die Mitarbeiter ermutigt und motiviert werden, ihr Wissen von sich aus anzubieten.

Vorschlagswesen

Ein Mittel zur Schöpfung stillen Wissens ist z.B. ein System eines von den Mitarbeitern angenommenen Vorschlagswesens. Je besser die im Unternehmen praktizierten Methoden zur Schöpfung des stillen Wissens sind, desto sicherer sind die Zukunftsergebnisse, weil eintretende Krisen damit oftmals frühzeitig von den Mitarbeitern erkannt werden und die Unternehmensführung dadurch rechtzeitig entgegensteuern kann. Im Unternehmensplan ist anzugeben, mit welchen Methoden stilles Wissen für den Erfolg des Unternehmens genutzt werden soll.

Hard und Soft Skills

Gerade beim stillen Wissen zeigt sich die Qualität der Führungskraft im Hinblick auf seine Soft Skills. Wenn der Unternehmer oder der Leiter eines Projektteams über gute Soft Skills verfügt kann er das vorhandene Wissen der Mitarbeiter, insbesondere die für den Erfolg des Unternehmens oder des Projekts notwendigen Hard Skills schöpfen und für den Erfolg des Unternehmens verwenden.

Beispiel:

Die A-Ingenieur GmbH ist auf die Planung und die Errichtung von Brücken für besonders hohe Anforderungen spezialisiert. Die GmbH beschäftigt 50 Mitarbeiter, darunter befinden sich 20 Ingenieure mit jeweiligen Spezialkenntnissen für den Brückenbau.

Der Gesellschaftergeschäftsführer A ist ebenfalls Ingenieur für den Brückenbau und verfügt über fundierte Kenntnisse zum Brückenbau und darüber hinaus über sehr gute Soft Skills, also über überdurchschnittlich hohe persönliche, soziale und methodische Kompetenzen. Dadurch vermag es A, die schwierigsten Brückenbauprojekte zu akquirieren, nachdem die Presse immer wieder über die gute und erfolgreiche Arbeit der A-Ingenieur GmbH berichtet. A stellt zur Lösung der Aufgaben entsprechende Projektteams zusammen und erzeugt durch seine persönlichen Führungsqualitäten ein so gutes Arbeitsklima, dass alle Projektteilnehmer nicht nur ihr vollständiges Wissen in vollem Umfange und auch ungefragt einbringen, sondern sich auch mit ihren Teamkollegen darüber austauschen, welch weiteres Wissen noch notwendig wäre und wie dies beschafft werden kann.

Stilles Wissen und Unternehmenskrise

Besonders in Krisen des Unternehmens ist es wichtig, das stille Wissen der Mitarbeiter zu aktivieren.

Oftmals sind aber die Krisen des Unternehmens von einem fehlerhaften Führungsverhalten der Unternehmensführung geprägt, die es nicht schafft, das stille Wissen der Mitarbeiter für die Überwindung der Krise einzusetzen. So sind in vielen Fällen der Entwicklung von Unternehmenskrisen folgende Phasen festzustellen:

  • Phase 1: Die Mitarbeiter erkennen, dass sich das Unternehmen im Zusammenhang mit wichtigen Unternehmensparametern, z.B. Kunden, Märkte, Organisation, nicht mehr auf Kurs befindet und teilen dies meist in versteckter Weise den Führungskräften mit, die diese Impulse nicht wahrnehmen oder ignorieren.
  • Phase 2: Die Entwicklung des Unternehmens bei diesen Unternehmensparametern verläuft weiterhin negativ und die Mitarbeiter erwarten, dass das Unternehmen dem entgegensteuert. Sie erkennen, dass nichts geschieht.
  • Phase 3: Die Mitarbeiter resignieren und konzentrieren sich auf diejenige Leistungserfüllung aus dem Arbeitsverhältnis, bei der ihr keine Vorwürfe gemacht werden können. Sie orientieren sich gedanklich weg vom Unternehmen.
  • Phase 4: Die Mitarbeiter sprechen eine innere Kündigung aus und reduzieren ihren Einsatz auf das absolute Minimum, stellen die Kommunikation zu der Führungsebene ein oder verändern dies in Richtung aggressives, spöttisches oder herabwürdigendes Verhalten.