Die OHG
Inhaltsverzeichnis:
1. Überblick
1.1 Einführung
1.2 Rechtsgrundlagen
1.3 Verwendung der OHG als partnerschaftliche Gesellschaft
1.4 Verwendung der Rechtsform der OHG – Statistik
1.5 Entscheidungskriterien für die Wahl der Rechtsform
1.5.1 Grundsätzliche Überlegungen
1.5.2 Personengesellschaft oder Körperschaft
1.5.3 Persönliche Haftung
1.5.4 Flexibilität zur Verwendung spezieller Regelungen
1.5.5 Versorgung mit Unternehmenskapital
1.6 Steuer- und Kostenbelastung
1.6.1 Steuerbelastung bei den Körperschaften
1.6.2 Steuerbelastung bei den Personengesellschaften
1.6.3 Weitere Kostenbelastungen
1.7 Vor- und Nachteile gegenüber einem Einzelunternehmen
1.7 .1 Vor- und Nachteile gegenüber anderen Rechtsformen
1.7.2 Vor- und Nachteile gegenüber einer GbR
1.7.3 Vor- und Nachteile gegenüber einer GmbH
1.7.4 Vor- und Nachteile gegenüber einer KG oder GmbH & Co. KG
1.7.5 Vor- und Nachteile gegenüber einer AG
1.8 Angabe auf den Geschäftsbriefen
1.8.1 notwendige Angaben nach dem HGB
1.8.2 notwendige Angaben nach dem Umsatzsteuerrecht
2. Die Errichtung der OHG
2.1 Gründung, Form
2.2 Beginn
2.3 Firma
2.4 Gegenstand
2.5 Sitz
2.6 Gesellschafter
2.7 Beiträge der Gesellschafter
2.8 Geschäftsführung
2.9 Vertretung
2.10 Gewinn- und Verlustbeteiligung
2.10.1 gesetzliche Regelung
2.10.2 abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag
2.11 Gesellschafterkonten
2.11.1 Kapitalkonto, Kapitalanteil
2.11.2 Verlustkonto
2.11.3 Rücklagenkonto
2.11.4 Privatkonto
2.12 Entnahmen
2.12.1 Die gesetzliche Regelung
2.12.2 Entnahmen für die zu zahlenden Steuern
2.13 Änderungen
3. Geschäftsführung und Vertretung
3.1 Geschäftsführung – Befugnis und Pflicht
3.2 Umfang der Geschäftsführungsbefugnis
3.3 Umfang der Vertretungsmacht
3.4 Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis
3.5 Entziehung der Vertretungsmacht
3.6 Bestellung von Prokuristen
3.7 Aufwendungsersatz
3.8 Wettbewerbsverbot
3.8.1 Wettbewerbsverbot des Gesellschafters
3.8.2 Verletzung des Wettbewerbsverbots
3.8.3 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
4. Kontrollrechte der Gesellschafter
4.1 Informationsrecht des nicht geschäftsführenden Gesellschafters
4.2 Informationsrechte bei beschränkenden Vereinbarungen
5. Beschlussfassung
5.1 Beschlussfassung der bei der Beschlussfassung berufenen Gesellschafter
5.1.1 Beschlussfassung sämtlicher Gesellschafter
5.1.2 Beschlussfassung der geschäftsführenden Gesellschafter
5.1.3 Beschlussfassung der übrigen Gesellschafter
5.2 Mehrheitsbeschlüsse
5.2.1 Quorum
5.2.2 Weitere Regelungen zu den Abstimmungen
5.4 Eingriff in den Kernbereich
5.5 Fehlerhafte Stimmabgabe
6. actio pro socio
7. Wechsel von Gesellschaftern
7.1 Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen
7.2 Anwachsung
7.3 Eintritt von Gesellschaftern
7.4 Vereinigung aller Anteile
8. Haftung, Vollstreckung, Prozessführung
8.1 Haftung
8.2 Einwendungen des Gesellschafters
8.3 Haftung für Altverbindlichkeiten
8.4 Haftung für deliktisches Handeln des geschäftsführenden Gesellschafters
8.5 Vollstreckung in Gesamthandsvermögen
8.6 Pfändung
8.7 Sonstiges
8.8 Insolvenzreife der OHG
8.8.1 Insolvenzreife bei einer OHG mit einer natürlichen Person
8.8.2 Insolvenzreife bei einer OHG ohne einer natürlichen Person
8.9 Fortsetzung der Gesellschaft nach Insolvenz
9. Auflösung, Ausscheiden eines Gesellschafters
9.1 Auflösung der Gesellschaft – Überblick
9.1.1 Auflösungsgründe
9.1.2 Weitere Auflösungsgründe
9.2 Auflösung durch gerichtliche Entscheidung
9.2.1 gesetzliche Regelung
9.2.2 Folge der Auflösung
9.3 Ausscheiden eines Gesellschafters
9.3.1 Gründe für das Ausscheiden
9.3.2 Pflichten des Gesellschafters bei Ausscheiden
9.3.3 Begrenzung der Nachhaftung bei Ausscheiden
9.4 Ausschließung eines Gesellschafters
9.4.1 Überblick
9.4.2 wichtiger Grund
9.4.3 Ausschließungsklage
9.5 Tod eines Gesellschafters
9.5.1 Fortsetzungsklausel
9.5.2 einfache Nachfolgeklausel
9.5.3 qualifizierte Nachfolgeklausel
9.5.4 Eintrittsklausel
9.6 Auseinandersetzungsbilanz
9.7 Abfindung
9.7.1 Buchwertklauseln
9.7.2 Bewertung nach dem Ertragswert
9.7.3 Sittenwidrige Klauseln
9.8 Befreiung von Schulden
9.9 Beteiligung an schwebenden Geschäften
9.10 Weitergabe an den Junior unter Einräumung eines Nießbrauchs
9.11 Liquidation
9.11.1 Liquidation der Regelfall einer Auflösung der Gesellschaft
9.11.2 Andere Art der Auseinandersetzung
9.11.3 Eintragung im Handelsregister
9.11.4 die Liquidatoren
9.11.5 Sonderfälle der Auflösung
9.11.6 Aufgabe der Liquidatoren
9.11.7 Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen
9.11.8 Einzelansprüche eines Gesellschafters
9.12 Fortsetzung einer OHG mit anderem Zweck nach Auflösung
9.13 Anmeldungen zum Handelsregister
10. Steuerrecht
10.1 Buchführungspflicht
10.2 Einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte
10.3 Einkommensteuer
10.4 Gewerbesteuer
10.5 Umsatzsteuer
10.6 Grunderwerbsteuer
11. Muster
11.1 einfacher Gesellschaftsvertrag
11.1.1 Sachverhalt
11.1.2 Muster
11.2 Vertrag über die Gründung einer Familien-OHG mit Einbringung eines Grundstücks
11.2.1 Sachverhalt
11.2.2 Mustervertrag
11.2.3 Mustervertrag für den Einbringungsvertrag
11.4 weitere Klauseln für den Tod eines Gesellschafters
11.4.1 Ausscheiden des Gesellschafters mit Tod
11.4.2 Einfache Nachfolgeklausel
11.4.3 Qualifizierte Nachfolgeklausel
11.4.4 Eintrittsklausel
11.4.5 bedingte Nachfolgeklausel
11.5 weitere Abfindungsklauseln
11.5.1 Berechnung des Wertes nach Umsatz
11.5.2 Berechnung nach einer Auseinandersetzungsbilanz
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Rechtsformen
1.1 Einführung
Das Wesen einer OHG ist die Rechtsform einer GbR, nämlich einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder auch BGB-Gesellschaft genannt, und zwar mit den Besonderheiten nach § 105 Abs. 1 HGB,
- des Gesellschaftszwecks des Betriebs eines Handelsgewerbes
- unter gemeinschaftlicher Firma und
- bei voller Haftung aller Gesellschafter.
Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (105 Abs. 3 HGB, 705 BGB). Näher hierzu unten Ziffer 2.7.
Damit ist die OHG die GbR der gewerblichen Tätigkeit. Auch bei der GbR haften die Gesellschafter persönlich und in vollem Umfange für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass die OHG für die Handlung im Geschäftsbereich verselbständigt ist und dadurch die gesellschaftsrechtlichen Regelungen der GbR im HGB für die OHG zur Verwendung im kaufmännischen Betrieb optimiert sind. Vor allem sind bei der OHG im Gegensatz zur GbR die wesentlichen Inhalte, wie etwa wer die Gesellschafter sind und wie die Gesellschaft vertreten wir, aus dem Handelsregister ersichtlich.
Die OHG ist gegenüber der GbR rechtlich verselbständigt, damit sie im kaufmännischen Bereich besser verwendbar ist. So kann die OHG unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 124 Abs. 1 HGB), was allerdings weitgehend auch bei der GbR der Fall ist, da auch diese partiell rechtfähig ist. Ferner besteht sowohl bei der OHG als auch bei der GbR die volle persönliche Haftung der Gesellschafter.
Die Geschäftsführung erfolgt durch die Gesellschafter nach dem Grundsatz der Einzelvertretung und es besteht ein gesetzliches Wettbewerbsverbot für die Gesellschafter (§ 112 HGB).
Die OHG ist gemäß § 6 Abs. 1 HGB ein Kaufmann kraft Rechtsform. Das hat zur Folge, dass auf die OHG die Sonderregeln des Handelsrechts, insbesondere die der Handelsgeschäfte anwendbar ist.
Auch eine Gesellschaft, die nicht die Merkmale einer OHG erfüllt, etwa weil sie kein Handelsgewerbe, sondern private Vermögensverwaltung betreibt, aber dennoch in das Handelsregister als OHG eingetragen wird, gilt als OHG (§ 105 Abs. 2 HGB).
Die OHG ist ferner die Grundform der Kommanditgesellschaft (KG) und der GmbH & Co. KG, die sehr häufig verwendet wird. Die KG entsteht meist in der Form, dass bestimmte Gesellschafter nicht bereit sind, die volle persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu übernehmen und deshalb als beschränkt haftende Gesellschafter, nämlich als Kommanditisten in der Gesellschaft sind. Die Erweiterung einer OHG in eine KG entsteht oftmals aufgrund folgender Sachverhalte:
- Der Gesellschafter einer OHG ist verstorben und die Erben werden Kommanditisten (hierzu näher unten Ziffer 9.5.1.2).
- Eine OHG benötigt weitere Finanzierungsmittel. Ein Investor ist bereit, der Gesellschaft diese zur Verfügung zu stellen und ist nur bereit, die Haftung lediglich mit seiner Einlage zu übernehmen. Er wird Kommanditist der Gesellschaft und leistet die zur Unternehmensfinanzierung vereinbarte Kommanditeinlage.
Bei dieser Form der Kommanditgesellschaft sind der oder die OHG-Gesellschafter natürliche Personen, die sogenannten Komplementäre, die persönlich auch mit ihrem Privatvermögen voll haften und bei denen es schwierig ist, die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu entziehen oder zu ändern.
Wenn keine natürliche Person bereit ist, diese persönliche Haftung zu übernehmen oder die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis einfach und flexibel zu gestalten, so wird anstatt der natürlichen Person eine GmbH Komplementär der Gesellschaft. Dann handelt es sich um eine GmbH & Co. KG. Um die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen einer GmbH & Co. KG besser zu verstehen, ist es von Vorteil, die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen der OHG zu verstehen.
1.2 Rechtsgrundlagen
Rechtsgrundlagen der OHG sind die §§ 105 – 160 HGB und soweit dort nicht spezielle Regelungen vorhanden sind, die Vorschriften der §§ 705 – 740 BGB für die GbR.
Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag; die Vorschriften der §§ 110 bis 122 HGB finden nur insoweit Anwendung, als nicht durch den Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist (§ 109 HGB). Das Gesetz geht daher davon aus, dass die Gesellschafter vorrangig die Art und Weise, wie sie ihre Rechte gestalten wollen, auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags regeln. Nur ausnahmsweise sollen dann die Regeln des Gesetzes in den §§ 110 bis 122 HGB gelten.
Damit besteht für die OHG eine weitgehende Vertragsfreiheit, die es den Gesellschaftern ermöglicht, ein individuelles Konzept für die Art und Weise, wie die OHG betrieben werden soll, zu vereinbaren.
Es gelten praktisch nur die allgemeinen Grenzen der Vertragsfreiheit, wie insbesondere:
- § 118 Abs. 2 HGB legt fest, dass das Kontrollrecht nach § 118 Abs. 1 HGB (näher hierzu unten in Ziffer 4.1) nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden kann, wenn für die Geltendmachung des Kontrollrechts Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
- Gesetzliche Regelungen, die den Typus der OHG betreffen und diesen von anderen Gesellschaftsformen abgrenzen, können vertraglich nicht geändert werden. So kann etwa eine Begrenzung der Haftung der OHG-Gesellschafter nach außen im Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart werden. Wenn dies gewollt sein sollte, müsste als Gesellschaftsform die Kommanditgesellschaft oder die GmbH & Co. KG vereinbart werden.
- Grenzen der Vertragsfreiheit ergeben sich aus einer Inhaltskontrolle, die einen Vergleich zwischen den Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts und den individuell erfolgten Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag vornimmt. Über diese Inhaltskontrolle wird das Gesellschaftsrecht insbesondere durch die Rechtsprechung verfeinert und weiterentwickelt.
- Und schließlich gelten die allgemeinen Grenzen der Sittenwidrigkeit oder des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß den §§ 134, 138 BGB.
1.3 Verwendung der OHG als partnerschaftliche Gesellschaft
Im Wesentlichen wird die OHG als Verbund für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit gewählt. Die Gesellschafter sind durch ihre gemeinsame Tätigkeit und die gemeinsame Haftung für das Handeln schicksalshaft verbunden. Sie profitieren von dem Geschick des unternehmerischen Handels der Gesellschafter, haben aber auch die negative Seite gemeinsam zu tragen, wie etwa die Verluste der Gesellschaft und das Risiko, dass sie nicht nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen, sondern auch noch mit dem zusätzlichen Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften.
Der partnerschaftliche Bezug und die Bereitschaft, Chancen und Risiken gemeinsam zu tragen, macht daher den Kern der Verwendung der Rechtsform der OHG aus. Beide Voraussetzungen finden sich etwa in folgenden Konstellationen:
- als Familiengesellschaft zwischen Senioren und Junioren: Eine Familie ist, auch wenn sie nicht unternehmerisch tätig ist, ein schicksalshafter Personenverbund. Sie tragen insbesondere die Chancen und Risiken gemeinsam, stehen füreinander ein und lösen (meist) die dadurch auftretenden Konflikt einvernehmlich. In einer Familiengesellschaft, die als OHG organisiert ist, setzt sich dieses gegenseitige Einstehen auch bei den unternehmerischen Aktivitäten fort. Vor allem bei Unternehmen im Generationenverbund wird diese Rechtsform oftmals gewählt, wie etwa bei der Aufnahme der Kinder in die OHG der Eltern, um damit einen Übergang des Unternehmens in die nächste Generation zu erreichen. In Ziffer 11.2 wird ein solches Beispiel nebst einem Muster für einen Gesellschaftsvertrag dargestellt.
- Als Familiengesellschaft zwischen Geschwistern: Oftmals wird eine OHG aus einer Erbengemeinschaft heraus gegründet, etwa durch die Geschwister. In Ziffer 1.6.1 wird ein solches Bespiel dargestellt, allerdings mit der Folge, dass sich von drei Brüdern nur zwei auf eine OHG einigen konnten.
- Oftmals wird auch die Rechtsform einer OHG anstatt einer GbR für eine private Vermögensverwaltungsgesellschaft gewählt, da hier die Regeln strukturierter als bei der GbR sind und die wesentlichen Grundlagen im Handelsregister eingetragen sind.
- Und schließlich gibt es auch OHGs zwischen juristischen Personen, die damit einen gemeinsamen Unternehmenszweck verfolgen.