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Der Insolvenzverwalter kann Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten (§ 129 Abs. 1 InsO). Das Anfechtungsrecht dient also der Beseitigung von Gläubigerbenachteiligungen mit dem Ziel, eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung durchzusetzen. Eine Benachteiligung der Gläubiger liegt in der Regel vor, wenn die Befriedigung der Gläubiger vereitelt, vermindert, erschwert oder verzögert wird. So sind Leistungen des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt, nur anfechtbar, wenn eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO vorliegt (sog. Bargeschäfte, § 142 InsO). Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn das dem Gläubigerzugriff unterworfene Aktivvermögen verringert wurde und der ausgekehrte Vermögenswert den übrigen, auch zukünftigen Gläubigern nicht mehr zu deren Befriedigung zur Verfügung stand.
Was durch die anfechtbaren Handlungen aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (§ 143 Satz 1 InsO). Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO).
Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 146 Abs. 1 InsO). Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist grundsätzlich drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Die einzelnen Anfechtungsbestimmungen regeln weiter, in welcher Zeit welche Anfechungen möglich sind.
Die Insolvenzordnung regelt eine Reihe von konkreten Anfechtungsmöglichkeiten wie folgt:
Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
Nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
In beiden Fällen der Anfechtungsmöglichkeiten nach § 130 Abs. 1 InsO steht der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahe stand, wird vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte (§ 130 Abs. 3 InsO). Nahe stehende Personen sind u. a. der Ehegatte, Verwandte des Schuldners in auf- und absteigender Linie, Geschwister des Schuldners oder Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben oder im letzten Jahr vor der Handlung in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner gelebt haben (§ 138 Abs. 1 InsO). Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so sind nahe stehende Personen u. a. die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und Personen oder Gesellschaften, die aufgrund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten.
Nach § 131 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (inkongruente Deckung),
Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Gläubigterbenachteiligungsvorsatz wird durch die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners indiziert, da der Schuldner durch die Vornahme von Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zumindest billigend in Kauf genommen hat, nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen zu können.
Weitere subjektive Anfechtungsvoraussetzung ist die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Zahlungsunfähigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn der Schuldner die Zahlungen eingestellt hat. Kennt der Gläubiger die Tatsachen, aus denen sich die Zahlungseinstellung ergibt, kennt er damit auch die Zahlungsunfähigkeit. Da es sich bei der Frage nach der Kenntnis des begünstigten Gläubigers um eine innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt, hat die Rechtsprechung in einer umfangreichen Kasuistik Beweisanzeichen herausgearbeitet, bei deren Vorliegen die notwendige Kenntnis des Anfechtungsgegners indiziert ist.
Nach § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO ist ein vom Schuldner mit einer nahe stehenden Person geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Eine solche Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war (§ 133 Abs. 2 Satz 2 InsO).
Grundsätzlich können Gesellschafter die Gesellschaft über das gesetzlich hinausgehende Mindestkapital finanzieren wie sie wollen. Insbesondere haben sie die Möglichkeit, der Gesellschaft zusätzlich zum gesetzlich notwendigen Mindestkapital Liquidität durch die Vergabe von Gesellschafterdarlehen zu verschaffen. In diesem Falle sind sie sowohl Eigenkapital- als auch Fremdkapitalgeber. Jedoch bestehen bei der Geltendmachung von Darlehen durch Gesellschafter Einschränkungen im Hinblick auf Darlehen an ihre Gesellschaften, sofern diese weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Das betrifft insbesondere Darlehensvergaben von Gesellschaftern an eine GmbH oder AG oder an eine GmbH & Co. KG, bei der kein weiterer Komplementär als natürliche Person besteht.
Darlehen dieser Art können nach § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 InsO nur als nachrangige Insolvenzforderungen, also nur im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden. Dies gilt gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 2. Alt. InsO auch für Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Nachrangige Insolvenzforderungen sind Forderungen, die erst befriedigt werden, wenn alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt sind. Da dies in der Praxis kaum der Fall ist, müssen die Gesellschafter ihre Darlehensforderungen in der Regel vollständig abschreiben. Denn auf die Ansprüche aus Gesellschafterdarlehen wird dann nicht einmal die Quote bezahlt. Dies gilt jedoch nach § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO nicht für Forderungen aus bestehenden oder neu gewähren Darlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, sofern ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung Anteile zum Zwecke ihrer Sanierung erworben haben. Dies gilt nach § 39 Abs. 5 InsO ferner nicht für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO (keine haftende natürliche Person), der mit 10% oder weniger am Haftkapital beteiligt ist. Nach § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO sind Forderungen nachrangiger Gläubiger nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert.
Nach § 135 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung
Nach § 134 Abs. 1 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.
Nach § 132 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners anfechtbar, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt,
In gleicher Weise ist ein solches Rechtsgeschäft anfechtbar, wenn es nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der andere Teil zur Zeit des Rechtsgeschäfts die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte (§ 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO).