Die SE ist eine Gesellschaft, deren Kapital in Aktien aufgeteilt
ist. Das gezeichnete Kapital muss mindestens € 120.000,00 betragen. Die SE
muss ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat haben und zwar in demjenigen, in dem
sich die Hauptverwaltung der SE befindet (Art. 4 der SE-VO). Der
statutarische Sitz der SE und der Sitz ihrer Hauptverwaltung müssen sich in
demselben Mitgliedsstaat und am selben Ort befinden (Art. 7 SE-VO, § 2 SEAG).
Der Sitz kann innerhalb der EU verlegt werden, ohne dass dies zur Auflösung
oder zur Neugründung der SE führt.
Die SE wird in das Register des Mitgliedstaats eingetragen, in dem sie ihren
satzungsmäßigen Sitz hat. Die Eintrag wird dort und zusätzlich im Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.
Die Gesellschaft muss ihrer Firma den Zusatz „SE“ voran- oder nachstellen.
Eintragung und Löschung der Gesellschaft erfolgen im Amtsblatt der
europäischen Gemeinschaften (Art. 14 SE-VO).
Wesentliche Beweggründe für die Gründung einer SE können sein:
die Vereinfachung der Konzernstruktur,
die Verbesserung der Corporate Governance,
die reduzierte Vielfalt einzelstaatlicher Normen sowie
die Erleichterung bei der Umstrukturierung von Unternehmen.
Gründung
Die Gründung einer SE kann nur durch Kapitalgesellschaften, nicht also durch
natürliche Personen erfolgen (Art. 2 SE-VO). Dabei müssen mindestens zwei
Mitgliedsstaaten berührt sein. Diese Hürde ist allerdings nicht hoch, denn
die Gründung einer SE ist beispielsweise durch zwei deutsche GmbHs bereits
dann möglich, wenn diese jeweils eine Auslandsniederlassung in einem anderen
Mitgliedsstaat haben.
Für die Gründung einer SE stehen vier verschiedene Möglichkeiten zur
Verfügung, nämlich
die Gründung durch Verschmelzung,
die Gründung einer Holding-SE,
die Gründung einer Tochter-SE,
die Umwandlung in eine SE.
Die Gründung durch Verschmelzung
Eine SE kann gemäß Art. 2 Abs. 2 SE-VO durch Verschmelzung gegründet werden.
Diese erfolgt gemäß Art. 3 und Art. 4 der Richtlinie 78/855, betreffend die
Verschmelzung von Aktiengesellschaften (Verschmelzungsrichtlinie)
entweder nach dem Verfahren der Verschmelzung durch Aufnahme oder
nach dem Verfahren der Verschmelzung durch Gründung einer neuen
Gesellschaft.
Eine Verschmelzung durch Aufnahme erfolgt dadurch, indem eine oder mehrere
Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung
ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft übertragen und zwar gegen
Gewährung von Aktien der aufnehmenden Gesellschaft an die Aktionäre der
übertragenden Gesellschaft. Die aufnehmende Gesellschaft nimmt bei der
Verschmelzung die Form einer SE an.
Die Verschmelzung durch Gründung einer neuen Gesellschaft erfolgt
dergestalt, dass mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und
Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine Gesellschaft,
die sie gründen, übertragen und zwar gegen Gewährung von Aktien der neuen
Gesellschaft an ihre Aktionäre.
Die Gründung einer Holding-SE
Eine SE kann gemäß Art. 32 SE-VO durch Gründung entstehen. Die Gründung kann
von mindestens zwei Kapitalgesellschaften (insbesondere AG oder GmbH), die
ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat haben, durchgeführt werden. Die die
Gründung betreibenden Gesellschaften bestehen fort, Art. 32 Abs. 1 Satz 2
mit Art. 2 Abs. 2 SE-VO.
Die Leitungsorgane der Gesellschaften müssen dazu einen Gründungsplan
erstellen, der die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen für die
Aktionäre und Arbeitnehmer darstellt. Dieser Gründungsplan ist von
unabhängigen Sachverständigen zu prüfen. Die Gesellschafter der die Gründung
anstrebenden Gesellschaften müssen innerhalb von drei Monaten mitteilen, ob
sie ihre Anteile in die neue SE einbringen wollen. Gesellschaftern, die ihre
Anteile nicht einbringen wollen, ist bereits im Gründungsplan ein
Barabfindungsangebot zu unterbreiten (§ 9 SEAG).
Die Gründung einer Tochter-SE
Gesellschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedsstaates gegründet worden
sind und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben,
können eine Tochter-SE gründen, wobei zwei von ihnen dem Recht verschiedener
Mitgliedsstaaten unterliegen müssen oder seit mindestens zwei Jahren eine
dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates unterliegende Tochtergesellschaft
oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat haben, § 35 mit
§ 2 Abs. 3 VO.
Die Umwandlung in eine SE
Eine Aktiengesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedsstaates gegründet
und ihren Sitz und ihre Verwaltung in der Gemeinschaft hat, kann in eine SE
umgewandelt werden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht
eines anderen Mitgliedsstaates unterliegende Tochtergesellschaft hat (Art.
37 mit Art. 2 Abs. 2 SE-VO). Nicht möglich ist die Umwandlung einer GmbH in
eine SE.
Die Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE hat weder die Auflösung
noch die Gründung einer neuen juristischen Person zur Folge. Der Sitz darf
anlässlich der Umwandlung nicht gemäß Art. 8 VO in einen anderen
Mitgliedsstaat verlegt werden, Art. 37 Abs. 3 SE-VO.
Das Leitungsorgan der Gesellschaft hat einen Umwandlungsplan zu erstellen,
der wiederum die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der
Umwandlung erläutert. Die Hauptversammlung hat über die Umwandlung zu
beschließen.
Innere Ordnung der SE
Die Unternehmen können zwischen zwei verschiedenen Leitungssystemen wählen,
nämlich dem - in Deutschland bestehenden - dualistischen Modell mit einer
Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat oder dem - etwa in England üblichen -
monistischen Modell (Art. 38 SE-VO).
Kennzeichnend für das monistische Modell ist:
Ein Verwaltungsrat leitet die SE, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit
und überwacht deren Umsetzung.
Der Verwaltungsrat bestellt für die laufende Geschäftsführung einen oder
mehrere geschäftsführende Direktoren. Diese sind an die Beschlüsse des
Verwaltungsrats gebunden und können jederzeit abberufen werden.
Hauptversammlung
Die Hauptversammlung der SE besteht aus den Gesellschaftern als Aktionäre.
Organ der SE ist somit, unabhängig von der Wahl der inneren Ordnung, stets
die Hauptversammlung, in der die Kapitalgeber der Gesellschaft vertreten
sind. Ihr kommen im wesentlichen die Rechten und Pflichten zu, die nach dem
deutschen AktR bereits bekannt sind, vgl. Art. 52 SE-VO.
Die Hauptversammlung tritt mindestens zweimal im Jahr zusammen oder kann
jederzeit vom Leitungs-, Aufsichts- oder Verwaltungsorgan einberufen werden.
Eine Einberufung durch Aktionäre ist ebenfalls möglich, sofern diese
mindestens 5 % des Grundkapitals stellen (§ 50 SEAG). Die Hauptversammlung
beschließt über die Feststellung des Jahresabschlusses, sofern dieser nicht
bereits durch Aufsichts- oder Verwaltungsorgan festgestellt ist, sowie über
die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 48 SEEG).
Die Hauptversammlung beschließt über Satzungsänderungen mit ¾ Mehrheit (Art.
59 SE-VO) oder, falls die Hälfte des Grundkapitals vertreten ist, mit
einfacher Mehrheit (§ 51 SEAG).
Dualistisches System
Dieses System gleicht dem deutschen Aktienrecht. Gemäß Art. 39 SE-VO ist das
Leitungsorgan in eigener Verantwortung für das Führen der Geschäfte
verantwortlich. Die Mitglieder des Leitungsorgans werden vom Aufsichtsorgan
bestellt und abberufen. Man darf nicht zugleich Mitglied beider Organe sein.
Ausnahmsweise kann ein Mitglied des Aufsichtsorgans für einen Zeitraum von
höchstens einem Jahr (§ 15 SEAG) die Aufgabe des Leitungsorgans wahrnehmen,
falls der betreffende Posten nicht besetzt sein sollte, Art. 39 Nr. 3 SE-VO.
Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als € 3 Mio. muss das
Leitungsorgan aus mindestens zwei Personen bestehen, § 16 SEAG, es sei denn,
dass die Satzung der Gesellschaft etwas anderes bestimmt.
Das Aufsichtsorgan hat aus drei Mitgliedern zu bestehen, wobei die Satzung
eine höhere Anzahl festlegen kann, § 17 SEAG. Wie bei der deutschen AG
überwacht das Aufsichtsorgan das Leitungsorgan und ist nicht berechtigt, die
Geschäfte der SE selber zu führen, Art. 40 Nr. 1 SE-VO. Die Mitglieder des
Aufsichtsorgans werden von der Hauptversammlung, ggf. unter Berücksichtigung
der Mitbestimmung der Arbeitnehmer, bestellt, Art. 40 Nr. 2 SE-VO.
Es besteht eine umfangreiche Informations- und Mitwirkungspflicht zwischen
den Organen.
Im übrigen kann bezüglich der Rechte und Pflichten der Organe auf das
deutsche AktR verwiesen werden.
Monistisches System
Dieses System gleicht dem angloamerikanischen Bordsystem und stellt somit
eine Erweiterung in Bezug auf die innere Gestaltung der SE dar.
Es besteht lediglich ein Organ in Form des Verwaltungsorgans, das für die
Leitung der Gesellschaft verantwortlich ist und die Grundlinien ihrer
Tätigkeit festlegt und überwacht (§ 43 mit § 22 SEAG). Das Verwaltungsorgan
– im deutschen Ausführungsgesetz mit Verwaltungsrat bezeichnet – bestimmt
einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren für die Führung der
laufenden Geschäfte, § 43 Abs. 1 mit § 40 Nr. 1, 2 SEAG. Die
geschäftsführenden Direktoren leiten die Gesellschaft, bestimmen die
Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwachen die Umsetzung.
Die Zahl der Mitglieder des Organs beträgt mindestens drei, wobei die
Satzung eine abweichende Anzahl festlegen kann.
Ab einem Grundkapital von mehr als € 3 Mio. müssen es jedoch mindestens drei
Mitglieder sein, § 23 Nr. 1 SEAG.
Die Arbeitnehmer sind im Rahmen der Mitbestimmung zu beteiligen.
Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden von der Hauptversammlung bestellt
und abberufen, Art. 43 Nr. 3 SE-VO mit § 29 SEAG.
Der Verwaltungsrat muss mindestens alle drei Monate zusammentreten, Art. 44
SE-VO. Aus seiner Mitte ist ein Vorsitzender zu wählen, Art. 45 SE-VO mit §
34 SEAG.
Die Bestellung erfolgt für maximal 6 Jahre. Während Art. 47 SE-VO die
Möglichkeit eröffnet, dass eine andere juristische Person Mitglied des
Organs sein kann, schließt das deutsche Ausführungsgesetz in § 27 Nr. 3 SEAG
diese Möglichkeit aus.
Im übrigen bestimmen sich die Rechte und Pflichten bzw. die innere Ordnung
dieses Organs nach den bisher bekannten Regelungen und Grundsätzen für die
AG, wobei § 34 SEAG Bestimmungen des AktG wiedergibt bzw. auf dieses
verweist.
Dies bezieht sich auch auf die Haftung, wobei § 39 und § 40 Nr. 8 SEAG auf
die Bestimmungen des § 93 AktG verweisen, wodurch die bisher für die AG
geltenden Haftungskriterien und Haftungsmaßstäbe für Vorstände Geltung
haben.
Mitbestimmung
Im deutschen Recht neu ist die Form der Mitbestimmung. Die Beteiligung der
Arbeitnehmer in einer SE wird grundsätzlich im Wege von Verhandlungen
zwischen einem sog. besonderen Verhandlungsgremium, das die Arbeitnehmer
aller beteiligten Gesellschaften vertritt, und den Leitungen dieser
Gesellschaften festgelegt (Art. 2 SEAG, der sich in § 1 – 44).
Wird in den Verhandlungen kein Konsens erzielt, greift eine gesetzliche
Auffangregelung: Danach richtet sich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im
Aufsichts- oder Verwaltungsrat der SE grundsätzlich nach dem höchsten Anteil
der Arbeitnehmervertreter in den Gründungsgesellschaften.
Schließlich sind die Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsrat
anteilig aus den Mitgliedstaaten zu entsenden, in denen die SE Arbeitnehmer
beschäftigt. So wird der internationalen Prägung der Gesellschaft Rechnung
getragen.