Zulässigkeit einer Einziehung
Wollen die übrigen Gesellschafter, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, können sie unter gewissen Voraussetzungen den Geschäftsanteil einziehen. Die Einziehung ist nur aufgrund einer Ermächtigung in der Satzung zulässig (§ 34 Abs. 1 GmbHG). Voraussetzungen und Bedingungen für eine Einziehung ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters müssen konkret in der Satzung festgesetzt werden (§ 34 Abs. 2 GmbHG).
Ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Auch die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des Betroffenen kann nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist (§ 34 Abs. 1 GmbHG).
Einziehungsgründe ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten können z.B. nach dem Gesellschaftsvertrag sein:
- die Insolvenz des Gesellschafters,
- die Pfändung des Gesellschaftsanteils,
- ein wichtiger Grund, wie etwa ein schwerer Verstoß gegen ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot,
- ferner die Kündigung der Gesellschaft durch den betroffenen Gesellschafter oder
- sein Tod.
Die Einziehung erfolgt mit Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit, falls nicht im Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vereinbart ist. Der betroffene Gesellschafter hat grundsätzlich auch bei der Zwangseinziehung ein Stimmrecht, außer wenn diese aus wichtigem Grunde oder sonst in seiner Person liegendem Grund erfolgt oder die Satzung etwas anderes bestimmt. Dies kann zu fatalen Ergebnissen führen, etwa wenn eine Minderheit der Gesellschafter den Mehrheitsgesellschafter mit der Begründung ausschließt, für die Einziehung liege ein wichtiger Grund vor. Soweit dies nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist, lassen sich die Stimmverhältnisse innerhalb der GmbH wesentlich verändern, vor allem dann, wenn der Geschäftsführer zu den Minderheitengesellschaftern gehört und eine entsprechend des Beschlusses geänderte Gesellschafterliste beim Handelsregister einreicht. Denn dadurch wird dem Mehrheitsgesellschafter auch sein Stimmrecht entzogen (BGH vom 26.01.2021, II ZR 391/18). Zwar kann der Mehrheitsgesellschafter den Beschluss anfechten, aber bis womöglich festgestellt wird, dass der Beschluss wegen Nichtbestehens eines wichtigen Grundes nichtig ist, können sich die wirtschaftlichen Grundlagen der GmbH wesentlich verändert haben.
Ist die Einlage auf den Geschäftsanteil noch nicht voll geleistet, stellt dies keinen Hinderungsgrund für die Ausschließung eines Gesellschafters dar. Somit kann der Gesellschafter dennoch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, und zwar ohne, dass zugleich mit dem Ausschluss ein Beschluss über die Verwertung seines Geschäftsanteils gefasst werden muss (BGH vom 04.08.2020, II ZR 171/19).
Abfindung
Der ausscheidende Gesellschafter erhält eine Abfindung nach Maßgabe der Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Ohne gesellschaftsvertragliche Regelung ist der ausscheidende Gesellschafter mit dem Verkehrswert seines Anteils abzufinden. Die Abfindung bei Ausscheiden eines Gesellschafters soll das Äquivalent dafür sein, dass der Gesellschaftsanteil des Ausscheidenden den übrigen Gesellschaftern zuwächst. Eine bestimmte Bewertungsmethode für den Anteil ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Bei der Vertragsgestaltung soll einerseits ein praktikabler Maßstab für die Berechnung des Wertes des Anteils bestimmt werden. Andererseits ist die Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft zu beachten. Grenzen für die Regelungen sind die Verbote der Sittenwidrigkeit und der Gläubigerbenachteiligung. Wegen Gläubigerbenachteiligung wäre eine Abfindungsregelung nichtig, wenn sie ausschließlich für den Fall der Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil oder der Insolvenz des Gesellschafters gelten soll.
Die Zahlung einer Abfindung durch die GmbH ist unzulässig, wenn sie nicht aus dem das Stammkapital übersteigenden Vermögen, also aus dem sogenannten freien Vermögen vorgenommen werden kann (§§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG); siehe hierzu auch Kapitel 3.5.
Ein Einziehungsbeschluss ist entsprechend § 241 Nr. 3 AktG wegen eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 3 GmbHG nichtig, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (BGH vom 24.01.2012, II ZR 109/11; vom 10.05.2016, II ZR 342/14; vom 26.06.2018, II ZR 65/16; vom 26.01.2021, II ZR 391/18). Denn Auszahlungen an ausgeschiedene Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führen (BGH vom 04.08.2020, II ZR 171/19; vom 26.01.2021, II ZR 391/18).