Kein Richter in eigener Sache

Ein Gesellschafter kann nicht Richter in eigener Sache sein. So folgt aus diesem in § 47 Abs. 4 GmbHG zum Ausdruck kommenden Grundgedanken ein Stimmverbot bei der Beschlussfassung über die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Gesellschaftergeschäftsführer (BGH vom 08.08.2023, II ZR 13/22; vom 20.01.1986, II ZR 73/85; vom 07.02.2012, II ZR 230/09; vom 11.09.2018, II ZR 307/16; vom 17.01.2023, II ZR 76/21).

Der Stimmrechtsausschluss gilt ebenso, wenn es darum geht, nach § 46 Nr. 8 Fall 2GmbHG das Organ zu bestellen, das die Gesellschaft bei der Anspruchsverfolgung vertreten soll (BGH vom 08.08.023, II ZR 13/22; vom 20.01.1986, II ZR 73/85, vom 16.12.1991, II ZR 31/91).

Die entgegen dem Stimmverbot dennoch erfolgte Stimmabgabe ist nichtig und nicht mitzuzählen.

So hat ein Gesellschafter, der durch die Beschlussfassung entlastet werden soll, kein Stimmrecht, denn die Entlastung betrifft die inhaltliche Billigung der Geschäftsführungstätigkeit, so dass es ein nicht hinnehmbarer Widerspruch sein würde, wenn der Geschäftsführer sein eigenes Tun selbst billigen könnte.

Die Bestimmung des § 47 Abs. 4 GmbHG ist analogiefähig. So besteht bei der Abberufung eines Gesellschaftergeschäftsführers aus wichtigem Grund ein Stimmrechtsausschluss des Geschäftsführers, wobei der Stimmrechtsausschluss nur dann besteht, wenn auch tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt, d.h. dass die Behauptung eines wichtigen Grundes für den Stimmrechtsausschluss nicht genügt (BGH vom 04.04.2017, II ZR 77/16).

Gleiches gilt für die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags aus wichtigem Grund. Erfolgt die Kündigung aus wichtigem Grund und hilfsweise ordentlich, so besteht für die außerordentliche Kündigung ein Stimmrechtsausschluss, nicht aber für die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung; auch hier gilt, dass der wichtige Grund für den Stimmrechtsausschluss tatsächlich bestehen muss (BGH, a.a.O.).

Ferner besteht im Falle der Einziehung von Geschäftsanteilen (§ 46 Nr. 4 GmbHG) kein Stimmrecht des betroffenen Gesellschafters, sofern die Einziehung aus wichtigem Grund erfolgt (näher hierzu siehe in Kap. 5.4.2.2).

Ein Stimmverbot besteht auch für den Fall der Entlastung des Aufsichtsrats einer Gesellschaft. Hier hat der Gesellschaftergeschäftsführer kein Stimmrecht, weil er nicht dabei mitbestimmen kann, ob seine Überwachung durch den Aufsichtsrat gebilligt werden soll. D.h., dass der Kontrollierte seinen Kontrolleur nicht entlasten kann.