Deregulierung und Flexibilisierung
Durch ein Bündel von Maßnahmen wurde die Attraktivität der GmbH nicht nur in
der Gründung, sondern auch als „werbendes“, also am Markt tätiges
Unternehmen erhöht und Nachteile der deutschen GmbH im Wettbewerb der
Rechtsformen ausgeglichen. Denn international verglichen war die bisherige
GmbH schwerfällig und unflexibel.
- So besteht nunmehr die Möglichkeit zur Verlegung des Verwaltungssitzes
der GmbH ins Ausland, ähnlich wie dies umgekehrt bei der englischen
Limited in Deutschland der Fall ist. Verwaltungssitz und Satzungssitz
müssen nicht mehr übereinstimmen.
- Zu einer fast unüberschaubaren Rechtsprechung und zu fast
unkalkulierbaren finanziellen Risiken für die Gesellschafter führte bisher
das Thema der sog. verdeckten Sacheinlage, die als Verstoß gegen die
Sacheinlagevorschriften angesehen wurden. In der Insolvenz der
Gesellschaft konnte der Insolvenzverwalter bisher die vereinbarte
Bareinlage erneut einfordern, während er die geleistete Sacheinlage
behalten durfte. Das wurde überwiegend als unangemessen angesehen. Nunmehr
gilt die Differenzhaftung, nämlich die Haftung auf den Betrag, um den der
Wert der Sacheinlage geringer ist als die als Barleistung übernommene
Stammeinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG).
- Ähnlich problematisch war der Fall des sog. „Hin– und Herzahlens“, bei
dem die Einlageleistung aufgrund einer vorherigen Absprache wieder an die
Gesellschafter zurückgeflossen ist. Auch hier kam es zur ausufernden und
letztlich fast unüberschaubaren Rechtsprechung. Nunmehr steht die
Vereinbarung einer Einlagenrückgewähr der Erfüllung der Einlagenschuld
nicht entgegen, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs– oder
Rückgewähranspruch gedeckt ist (§ 19 Abs. 5 GmbHG).
- Besonders ausufernd war die Rechtsprechung zum
Eigenkapitalersatzrecht, die zuletzt nicht einmal mehr fachlich
qualifizierte Berater mit der notwendigen Rechtssicherheit überblicken
konnten. Diese Rechtsunsicherheiten wurden beseitigt. § 30 Abs. 1 Satz 3
GmbHG sagt nunmehr aus, dass Satz 1 der Bestimmung keine Anwendung auf
Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich entsprechende Forderungen
findet. Die rechtliche Problematik wird nun ins Insolvenzrecht verschoben.
Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO werden Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz
der Gesellschaft zu nachrangigen Forderungen.
- Auch die Problematik der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung wurde
in das Insolvenzrecht verschoben. Nach § 135 Abs. 3 InsO kann der
Gesellschafter sein Aussonderungsrecht an einem der Gesellschaft
überlassenen Gegenstand für die Dauer von bis zu einem Jahr nach der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend machen. Gleichzeitig ist
der Insolvenzverwalter verpflichtet, für diesen Zeitraum die in dem
letzten Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens tatsächlich geleisteten
Vergütungen an den Gesellschafter zu zahlen.
- Durch die neue Regelung in § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG wird das
international übliche Cash-Pooling auf eine rechtlich sichere Grundlage
gestellt. Mit dem Cash-Poolung erfolgt ein Liquiditätsausgleich zwischen
den Unternehmensteilen im Konzern.
- Nunmehr gibt es auch bei der GmbH die Möglichkeit eines genehmigten
Kapitals, wie dies im Aktenrecht gemäß § 202 AktG der Fall ist (§ 55a
GmbHG). Danach kann die Geschäftsführung durch den Gesellschaftsvertrag
ermächtigt werden, innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Satzung
weitere Geschäftsanteile gegen Einlagen in das Stammkapital auszugeben.
- Die Gesellschafterliste dient künftig auch als Grundlage für einen
gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Wer einen Geschäftsanteil
erwirbt, kann darauf vertrauen, dass die in der Gesellschafterliste
verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine unrichtige
Eintragung in der Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre
unbeanstandet geblieben, so gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber
gegenüber als richtig.
Missbrauchsbekämpfung
Und schließlich erschweren die Neuerungen bei der GmbH-Reform nunmehr die
Arbeit der sog. Firmenbestatter, die in der Regel dazu führte, dass ein
geordnetes Insolvenzverfahren nicht möglich war.
- Es besteht nunmehr die Pflicht zur Anmeldung einer inländischen Anschrift
zum Handelsregister (§ 8 Abs. 4 GmbHG). Ist eine Zustellung hiernach
dennoch nicht möglich, kann sie öffentlich erfolgen (§ 185 Abs. 1 Nr. 2
ZPO).
- Es werden Pflichten der Gesellschafter für den Fall eingeführt, dass eine
GmbH geschäftsführerlos ist. In diesem Falle können Zustellungen an die
Gesellschafter vorgenommen werden (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Ferner können in
diesem Falle auch die Gesellschafter Insolvenzantrag stellen (§ 15 Abs. 1
InsO). Besteht Kenntnis vom Insolvenzgrund besteht die Pflicht der
Gesellschafter im Falle der Führerlosigkeit der Gesellschaft zur Stellung
des Insolvenzantrags (§ 15a Abs. 3 InsO).
- Eingeführt wird eine Insolvenzverursacherhaftung, nach der die
Geschäftsführer für Zahlungen haften, die zur Zahlungsunfähigkeit der
Gesellschaft führen (§ 64 GmbHG).
- Die Liste der strafrechtlichen Verurteilung von Geschäftsführern, die zum
Ausschluss von der Geschäftsführertätigkeit führen, werden erweitert.
Ausschlussgründe sind nunmehr auch Verurteilungen wegen Betrugs
einschließlich Computer-, Subventions-, Kapitalanlage– und Kreditbetrugs,
wegen Insolvenzverschleppung und wegen Verurteilungen aufgrund allgemeiner
Straftatbestände mit Unternehmensbezug (§§ 263 bis 264 a, 265b bis 266a
StGB), § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG.
- Und schließlich wird eine Strohmannhaftung eingeführt. Danach haften
Gesellschafter für den Schaden, der dadurch entsteht, dass sie vorsätzlich
oder grob fahrlässig eine Person, die die für eine Geschäftsführerstellung
erforderlichen Zuverlässigkeitskriterien nicht erfüllt, zum
Geschäftsführer bestellen oder ihr faktisch die Führung der Geschäfte
überlassen und diese Person die ihr nach § 43 Abs. 1 GmbHG obliegende
Sorgfaltspflicht verletzt (§ 6 Abs. 5 GmbHG).
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