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Die GmbH-Reform 2008

Zum 01.11.2008 ist die GmbH-Reform, nämlich das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) in Kraft getreten. Ziel der GmbH-Reform war, die Rechtsform der GmbH für den deutschen Mittelstand attraktiver machen und den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Die GmbH-Reform hat insbesondere folgende Änderungen zum Inhalt:

Erleichterungen der GmbH-Gründung

Die Gründung von GmbHs werden erleichtert und beschleunigt, insbesondere nachdem in zunehmendem Maße auf ausländische Rechtsformen wie vor allem der englischen Limited ausgewichen wird. Denn in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden geringere Anforderungen an die Gründungsformalien und die Aufbringung des Mindeststammkapitals gestellt. Insbesondere sieht die GmbH-Reform folgende Änderungen vor:

  • Es besteht nunmehr die Möglichkeit, bei Gründung einer Unternehmergesellschaft das für die Tätigkeit erforderliche Kapital ab einem Euro frei wählen zu können (§ 5a GmbHG). Diese Gesellschaft läuft unter der Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“. Führt die Unternehmergesellschaft eine Kapitalerhöhung durch und erreicht sie auf diese Art und Weise das Mindeststammkapital von EUR 25.000, so kann sie in eine „GmbH“ umfirmieren. Notwendig ist dies aber nicht.
  • Es wird ein vereinfachtes Gründungsverfahren für den Fall vorgesehen, dass sich bis zu drei Gesellschafter an der Gründung beteiligen und nur ein Geschäftsführer bestellt wird (§ 2 Abs. 1 a GmbHG). Die Gründung erfolgt durch die notarielle Beurkundung eines Musterprotokolls, in dem Gesellschaftsvertrag, Geschäftsführerbestellung und Gesellschafterliste in einem Dokument zusammengefasst sind.
  • Bereits bei der Gründung können mehrere Geschäftsanteile übernommen werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 GmbHG).
  • Der Geschäftsanteil muss nicht mehr mindestens EUR 100 betragen und durch 50 teilbar sein, sondern kann nunmehr auf volle Euro lauten (§ 5 Abs. 2 Satz 1 GmbHG).
  • Für den Fall, dass die Gesellschaft ein genehmigungsbedürftiges Gewerbe betreiben möchte, muss die staatliche Genehmigung nicht mehr bereits bei der Gründung vorliegen, wie dies bisher der Fall war.
  • Die Registergerichte verzichten weitgehend auf die Nachweise über die Einlagenleistung und die Werthaltigkeit der Sacheinlagen (§§ 8 Abs. 2 Satz 3, 9c Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Das Gericht kann bei der Gründungsprüfung nur dann die Vorlage von Einzahlungsbelegen oder sonstige Nachweise verlangen, wenn es erhebliche Zweifel hat, ob das Kapital ordnungsgemäß aufgebraucht wurde. Bei Sacheinlagen wird die Werthaltigkeitskontrolle durch das Registergericht auf die Frage beschränkt, ob eine „nicht unwesentliche“ Überbewertung vorliegt.
  • Vereinfacht wurde auch die Gründung von Ein-Personen-GmbHs. Hier wird künftig auf die Stellung besonderer Sicherheitsleistungen (§§ 7 Abs. 2 Satz 3, 19 Abs. 4 GmbHG) verzichtet.

Deregulierung und Flexibilisierung

Durch ein Bündel von Maßnahmen wurde die Attraktivität der GmbH nicht nur in der Gründung, sondern auch als „werbendes“, also am Markt tätiges Unternehmen erhöht und Nachteile der deutschen GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen ausgeglichen. Denn international verglichen war die bisherige GmbH schwerfällig und unflexibel.

  • So besteht nunmehr die Möglichkeit zur Verlegung des Verwaltungssitzes der GmbH ins Ausland, ähnlich wie dies umgekehrt bei der englischen Limited in Deutschland der Fall ist. Verwaltungssitz und Satzungssitz müssen nicht mehr übereinstimmen.
  • Zu einer fast unüberschaubaren Rechtsprechung und zu fast unkalkulierbaren finanziellen Risiken für die Gesellschafter führte bisher das Thema der sog. verdeckten Sacheinlage, die als Verstoß gegen die Sacheinlagevorschriften angesehen wurden. In der Insolvenz der Gesellschaft konnte der Insolvenzverwalter bisher die vereinbarte Bareinlage erneut einfordern, während er die geleistete Sacheinlage behalten durfte. Das wurde überwiegend als unangemessen angesehen. Nunmehr gilt die Differenzhaftung, nämlich die Haftung auf den Betrag, um den der Wert der Sacheinlage geringer ist als die als Barleistung übernommene Stammeinlage (§ 19 Abs. 4 GmbHG).
  • Ähnlich problematisch war der Fall des sog. „Hin– und Herzahlens“, bei dem die Einlageleistung aufgrund einer vorherigen Absprache wieder an die Gesellschafter zurückgeflossen ist. Auch hier kam es zur ausufernden und letztlich fast unüberschaubaren Rechtsprechung. Nunmehr steht die Vereinbarung einer Einlagenrückgewähr der Erfüllung der Einlagenschuld nicht entgegen, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs– oder Rückgewähranspruch gedeckt ist (§ 19 Abs. 5 GmbHG).
  • Besonders ausufernd war die Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht, die zuletzt nicht einmal mehr fachlich qualifizierte Berater mit der notwendigen Rechtssicherheit überblicken konnten. Diese Rechtsunsicherheiten wurden beseitigt. § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG sagt nunmehr aus, dass Satz 1 der Bestimmung keine Anwendung auf Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich entsprechende Forderungen findet. Die rechtliche Problematik wird nun ins Insolvenzrecht verschoben. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO werden Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft zu nachrangigen Forderungen.
  • Auch die Problematik der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung wurde in das Insolvenzrecht verschoben. Nach § 135 Abs. 3 InsO kann der Gesellschafter sein Aussonderungsrecht an einem der Gesellschaft überlassenen Gegenstand für die Dauer von bis zu einem Jahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend machen. Gleichzeitig ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, für diesen Zeitraum die in dem letzten Jahr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens tatsächlich geleisteten Vergütungen an den Gesellschafter zu zahlen.
  • Durch die neue Regelung in § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG wird das international übliche Cash-Pooling auf eine rechtlich sichere Grundlage gestellt. Mit dem Cash-Poolung erfolgt ein Liquiditätsausgleich zwischen den Unternehmensteilen im Konzern.
  • Nunmehr gibt es auch bei der GmbH die Möglichkeit eines genehmigten Kapitals, wie dies im Aktenrecht gemäß § 202 AktG der Fall ist (§ 55a GmbHG). Danach kann die Geschäftsführung durch den Gesellschaftsvertrag ermächtigt werden, innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Satzung weitere Geschäftsanteile gegen Einlagen in das Stammkapital auszugeben.
  • Die Gesellschafterliste dient künftig auch als Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb von Gesellschaftsanteilen. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, kann darauf vertrauen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine unrichtige Eintragung in der Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre unbeanstandet geblieben, so gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber gegenüber als richtig.
Missbrauchsbekämpfung

Und schließlich erschweren die Neuerungen bei der GmbH-Reform nunmehr die Arbeit der sog. Firmenbestatter, die in der Regel dazu führte, dass ein geordnetes Insolvenzverfahren nicht möglich war.
  • Es besteht nunmehr die Pflicht zur Anmeldung einer inländischen Anschrift zum Handelsregister (§ 8 Abs. 4 GmbHG). Ist eine Zustellung hiernach dennoch nicht möglich, kann sie öffentlich erfolgen (§ 185 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
  • Es werden Pflichten der Gesellschafter für den Fall eingeführt, dass eine GmbH geschäftsführerlos ist. In diesem Falle können Zustellungen an die Gesellschafter vorgenommen werden (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Ferner können in diesem Falle auch die Gesellschafter Insolvenzantrag stellen (§ 15 Abs. 1 InsO). Besteht Kenntnis vom Insolvenzgrund besteht die Pflicht der Gesellschafter im Falle der Führerlosigkeit der Gesellschaft zur Stellung des Insolvenzantrags (§ 15a Abs. 3 InsO).
  • Eingeführt wird eine Insolvenzverursacherhaftung, nach der die Geschäftsführer für Zahlungen haften, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen (§ 64 GmbHG).
  • Die Liste der strafrechtlichen Verurteilung von Geschäftsführern, die zum Ausschluss von der Geschäftsführertätigkeit führen, werden erweitert. Ausschlussgründe sind nunmehr auch Verurteilungen wegen Betrugs einschließlich Computer-, Subventions-, Kapitalanlage– und Kreditbetrugs, wegen Insolvenzverschleppung und wegen Verurteilungen aufgrund allgemeiner Straftatbestände mit Unternehmensbezug (§§ 263 bis 264 a, 265b bis 266a StGB), § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG.
  • Und schließlich wird eine Strohmannhaftung eingeführt. Danach haften Gesellschafter für den Schaden, der dadurch entsteht, dass sie vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Person, die die für eine Geschäftsführerstellung erforderlichen Zuverlässigkeitskriterien nicht erfüllt, zum Geschäftsführer bestellen oder ihr faktisch die Führung der Geschäfte überlassen und diese Person die ihr nach § 43 Abs. 1 GmbHG obliegende Sorgfaltspflicht verletzt (§ 6 Abs. 5 GmbHG).